Pechvogel Kohlschreiber… oder? Die Wimbledon-Auslosung durch die deutsche Brille

Nun ist sie da – die Auslosung, auf die viele, seitdem Stan Wawrinka den Coupe des Mousquetaires Anfang der Monats hochhob, gewartet haben. In dieser Rückhand Slice Edition: Ein Blick durch die schwarz-rot-goldene Brille auf die Damen und Herren im Hauptfeld von Wimbledon.

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Fangen wir mal bei den Herren an – und da sticht die erste Reihe gleich hervor. Philipp Kohlschreiber rasselt um einen Platz an der Setzliste vorbei und rauscht direkt in die Arme von Novak Djokovic; und das nachdem er in Halle doch erst Roger Federer in der ersten Runde gezogen hat.

Liest sich im ersten Moment wie eine Horrorauslosung – ist es vielleicht auch – aber eine bessere Chance den Coup des Jahres zu fabrizieren wird der Deutsche nicht bekommen. In Halle hat 31-jährige gut gegen Federer gespielt und in Wimbledon wird er auf einen Novak Djokovic treffen, der seit 3 Wochen kein Match mehr bestritten hat – auf einen Novak Djokovic, bei dem keiner weiß, wie/ob er die Final-Niederlage in Paris bereits verdaut hat.

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Natürlich ist der Titelverteidiger der Favorit – aber auch für ihn ist das eine denkbar undankbare erste Runde. Selbst wenn man dann mal weiterschaut, so gestaltet sich Djokovic’s Auslosung dann doch als tückischer, aber die erste Runde kann da definitiv zum Knackpunkt werden. Zumindest ist Andy Murray in Federer’s Hälfte gelost worden.

Jan Lennard Struff trifft in seinem Auftaktmatch auf Djokovic’s möglichen 3.-Rundengegner Bernard Tomic und wer weiß bei Tomic: Letzte Woche in Halle machte er überall einen fitten Eindruck – nur nicht auf dem Tennisplatz. Alexander Zverev befindet sich ganz unten im Viertel der #1 des Welt und öffnet gegen Gabashvili mit möglichen 2. Rundengegnern in Cuevas und Kudla. Alles keine Selbstläufer, aber es wäre nicht undenkbar, dass die Nachwuchshoffnung von Tennis-Deutschland hier seine ersten Hauptfeldsiege bei einem Slam einfährt.

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Im Viertel des French Open Siegers Wawrinka befinden sich dann Benjamin Becker, Tommy Haas und Florian Mayer.

Becker fängt gegen Estrella Burgos an – eigentlich eine Aufgabe, die für den Saarländer machbar ist, wären da nicht die Verletzungssorgen, die ihn seit Paris plagen und die Rasenvorbereitung vermasselt haben. Florian Mayer trifft auf einen dieses Jahr wieder in Schuss gekommenen Juan Monaco, der sich aber in Nottinham sang- und klanglos in seiner ersten Rasenpartie gegen Denis Istomin verabschiedet hat. Mayer sollte da (vermutlich auf einem der Außenplätze) definitiv eine Chance haben, wenn er seine Leistungen aus Halle in etwa abrufen kann.

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Nur eine Spalte darunter liegt Tommy Haas, der es mit Dusan Lajovic zu tun bekommt. Der Serbe ist alles andere als ein Rasenexperte – von daher kann man da durchaus von Losglück in der ersten Runde bei Haas reden, allerdings stellt sich die Frage, wie die Schulter der Routiniers läuft oder nicht. In Halle hatte der 37-jährige gesagt, dass er alles von Tag zu Tag neu abwiegt. Sollten Haas und Mayer ihre Erstrundenaufgaben bewältigen stünden möglichweise mit Nick Kyrgios und Milos Raonic zwei denkbar härtere Brocken danach im Weg.

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Dustin Brown hat sich erfolgreich durch die Qualifikation der Herren in Roehampton gekämpft. In Yen-Hsun Lu hat der 30-jährige einen Kontrahenten, der sich auf dem Rasen auch mehr als wohl fühlt.  Den Sieger würde aller Voraussicht nach Rafael Nadal in der zweiten Runde erwarten – und Nadal-Brown hätte durchaus etwas für sich. #popcorn

Zu guter letzt trifft dann noch Michael Berrer, der sich ebenfalls bei den letzten Championships seiner Karriere in Roehampton in Hauptfeld schuftete, auf einen weiteren Linkshänder – nämlich Adrian Mannarino. Berrer ist nicht chancenlos, aber der Franzose sollte hier der Favorit sein.

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Wer kommt von den deutschen Herren am weitesten? Schwierige Frage, da doch einige harte Brocken im Weg stehen. In der zweiten Woche sehe ich niemanden, aber ein Alexander Zverev könnte mit etwas Glück in Richtung Wochenende schielen.

Bei den Damen sieht das dann schon etwas anders aus.

Angelique Kerber hat sich in Birmingham ihren 3. Titel der Saison geholt, den ersten auf Grass. Die Nummer 10 der Setzliste hat eine interessante, aber machbare Auslosung bekommen und trifft in der ersten Runde im innerdeutschen Duell auf Carina Witthoeft, danach vermutlich auf Anastasia Pavlyuchenkova, die sich wohl gegen eine Mona Barthel außer Form behaupten dürften. Bis dahin sind die Aufgaben machbar – Muguruza in der dritten Runde und Wozniacki im Achtelfinale wären dann schon eine andere Gangart, aber der 27-jährigen ist durchaus ein Viertelfinale zuzutrauen.

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Wimbledon-Liebhaberin Sabine Lisicki (tränke ich ein Bier für jedes mal, wenn ich das die nächsten zwei Wochen höre, wäre meine Leber ein Fall für den Sondermüll) befindet sich ebenfalls im Wozniacki-Halep Viertel, aber auf der Seite der zuletzt schwächelnden Rumänin. Mit Jarmila Gajsodova bekommt Lisicki eine beinahe ebenbürtige Boom-Boom-Gegnerin in Runde eins (Helm und Schutzweste sind hier für die Zuschauer empfehlenswert) und könnte in der dritten Runde auf French Open Halbfinalistin Timea Bacsinszky treffen.

Die Schweizerin wiederum stößt in Runde Eins auf Julia Görges. Bacsinszky ist in ihrem momentanem Level noch eine leicht unbekannte Größe auf Gras – ihr extremer Vorhandgriff ist sicherlich nicht ideal auf Rasen, aber sowohl ihr Spielwitz als auch die glatt durchgezogene Rückhand könnten Görges’ große Schwünge und mittelprächtige Beinarbeit exponieren – definitiv einer interessanteren Auftaktrunden (vor denen es bei den Damen allgemein nur so wimmelt).

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Andrea Petkovic findet sich im zweiten Viertel der Auslosung ein und ist laut Projektion zumindest die gesetzten Achtelfinalgegnerin von Maria Sharapova. Allerdings ist die Darmstädter im Gegenteil zu Kerber und Lisicki nicht wirklich eine Freundin der grünen Unterfläche, hat sich aber in den letzten zwei Wochen etwas mehr daran gewöhnt. Mit Shelby Rogers (und vermeintlich Naomi Broady) sollte die Nummer 14 der Setzliste zurechtkommen. Flavia Pennetta in der 3. Runde wäre dann schon eine Spur unangenehmer – die Italienerin ist keine Rasenspezialistin, aber definitiv in der Lage, der Deutschen ein Bein zu stellen.

In den vergangenen Jahren hätte Annika Beck mit Kirsten Flipkens eher Lospech als -glück gehabt, aber die Belgierin kämpft in diesem Jahr mit Verletzungen und kam auch auf Rasen noch nicht so recht in tritt. Beck sollte hier in der Lage sein, ihre Chance zu nutzen, würde aber danach mit Azarenka einen großen Stein in den weg gelegt bekommen. Anna-Lena Friedsam erwischt mit Vitalia Diatchenko eine theoretisch machbare Aufgabe, auch wenn die Russin den 50k Challenger in Surbiton gewann. Spätestens in Runde wwei wird dann aber gegen Bencic oder Pironkova (klasse Erstrundenbegegnung so am Rande) aber Schluss sein.

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Laura Siegemund geht nach erfolgreicher Qualifikation definitiv als Underdog in ihre Partie gegen Kuznetsova, während Tatjana Maria mit Jovanovski auch alle Hände voll zu tun haben wird. Die Serbin hat sich in den letzten Jahren für die ein oder andere Topspielerin bereits als Wimbledon-Granit bewiesen.

Beste Deutsche Chance bei den Damen? Vermeintlich Kerber und Lisicki – und es wär nicht allzu verwundernswert, sollte eine der beiden den Sprung aus dem Wozniacki-Halep Viertel ins Halbfinale schaffen.

Im Laufe von Wimbledon werde ich versuchen, hier gelegentlich hereinzuschauen – ansonsten werde ich größtenteils auf TheTennisIsland aufzufinden sein, und hin und wieder beim daily von Chip and Charge für Wimbledon vorbeisehen.

In diesem Sinner – mögen die Spiele beginnen!

 

 

 

 

About René Denfeld

Weather is my business. Tennis is my playground. Born in the year of the Golden Slam. Just give me all the bacon and eggs you have.
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